Wenn die Kinder weiterziehen – Von Liebe, Loslassen und der Kraft des Erinnerns
Es gibt diese stillen Schwellen im Leben – zart wie ein Windhauch, tief wie ein Ozean. Sie kommen, wenn das Herz sich gleichzeitig weitet und schmerzt. Eine solche Schwelle durchschreite ich gerade: Meine Kinder, die viele Jahre in Indien und Malaysia gelebt haben und nun zuletzt in Salzburg, brechen erneut auf. Mexiko ist ihre neue Station. Und obwohl mein Herz weiß, dass dieser Weg ihrer Seele entspricht, fühlt sich der Abschied an wie ein leiser Riss im Gewebe des Alltags.
Salzburg war für mich wie ein goldener Zwischenraum – greifbare Nähe nach Jahren der Ferne. Drei Stunden Autofahrt, ein spontaner Zwischenstopp auf dem Weg nach Deutschland, ein Wochenende voller Lachen, Tee und Geschichten. Ich habe diese Zeit wie einen wärmenden Sonnenstrahl im Winter aufgenommen.
Und nun? Wieder diese stille Leere im Haus. Kein schnelles Hereinschneien, kein vertrautes „Hallo Mami“. Es ist still. Und mit dieser Stille kommt auch die zarte Erinnerung: Die Zeit, die wir miteinander haben, ist endlich. Und gerade deshalb so heilig.
Doch was tun, wenn das Herz gleichzeitig froh und traurig ist? Wenn Liebe nicht festhalten darf, sondern begleiten will?
Der stille Schatz des Vermissens
Das Vermissen ist kein Mangel. Es ist das sanfte Echo gelebter Nähe. Ein Zeichen, dass Bindung nicht an Raum gebunden ist. Ich habe gelernt, das Vermissen wie ein heiliges Feuer zu hüten. Manchmal schreibe ich einen Brief, den ich nicht absende. Manchmal lausche ich in den Klang einer Stimme, die nur in meinem Inneren erklingt. Und manchmal sitze ich einfach still – eingehüllt in die warme Decke der Erinnerung.
Loslassen heißt nicht verlieren
Unsere Kinder sind nicht fort. Sie sind nur weitergereist. Sie tragen uns in ihren Bewegungen, so wie wir sie im Herzen halten. Ihre Entscheidungen müssen nicht unsere Wege widerspiegeln – und doch fließt unsere Liebe mit ihnen, über Ozeane, Zeitzonen, Grenzen hinweg. Loslassen heißt nicht, sich zu trennen. Es heißt, in einem anderen Takt zu tanzen. Vielleicht sanfter, vielleicht leiser – aber nicht weniger wahr.
Der eigene Weg im Licht des Wandels
Diese Zeit erinnert mich daran, nicht nur Mutter zu sein, sondern Frau. Nicht nur Geberin, sondern auch Empfangende. Ich frage mich: Was will jetzt durch mich leuchten? Wo ruft meine eigene Seele nach Weite? Vielleicht ist jetzt die Zeit, meine eigenen Landkarten zu entrollen. Lichtpfade zu beschreiten, die nur mir gehören.
Ein neuer Kreis
Was bleibt, ist ein neues Band – zarter, aber nicht weniger stark. Vielleicht ist es ein Monatsbrief, ein geteiltes Lied, ein gemeinsamer Blick in den Himmel zur selben Stunde. Vielleicht ist es auch einfach das stille Wissen: Wir sind verbunden, jenseits von Raum und Zeit.
Wenn du dich in dieser Geschichte wiederfindest, liebe Seele, dann halte inne. Atme. Spüre, wie viele Mütter, Väter, Großeltern, Herzensmenschen diesen Wandel kennen. Du bist nicht allein. In unserem Loslassen liegt eine leise Würde. Und in unserer Liebe ein Licht, das weiterreist – mit ihnen, mit uns, durch alles hindurch.
Vielleicht, ganz vielleicht, ist genau dieses Licht es, das sie nachts berührt – in fernen Himmeln, unter unbekannten Sternen.
In Liebe und Erinnerung, Sha Elara- Petra
Eine Antwort
Wie wunderschön, danke liebe Petra