Schicksal? Warum tragen manche Menschen so viel Leid?

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Manchmal erscheint einem das Leben unerträglich zu werden.

Manchmal möchte ich – überwältigt vom Schicksal anderer Menschen – etwas tun.

Manchmal lässt es mich einfach an der Gerechtigkeit zweifeln.

Aus diesem Grund versuche ich die Frage aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten.

1. Philosophische Perspektive

 

 

      1. Der Stoizismus – Leiden als Tugendweg

Der Stoizismus, insbesondere bei Seneca, Epiktet und Mark Aurel, bietet eine machtvolle Perspektive auf Schicksal und Leid. Stoiker betonen:

  • Kontrolle und Akzeptanz: Wir können nicht kontrollieren, was uns widerfährt, aber wir können kontrollieren, wie wir darauf reagieren. Das Schicksal („Fatum“) ist eine universelle Ordnung, die wir nicht ändern können.
  • Amor Fati: Die Liebe zum Schicksal – auch wenn es schmerzt. Seneca schreibt, dass ein Mensch, der das Schicksal liebt, frei von innerer Zerrissenheit ist.
  • Leid als Gelegenheit zur Tugend: Ein schweres Schicksal bietet die Möglichkeit, Tugenden wie Geduld, Mut und Gelassenheit zu üben. Epiktet sagt: „Nicht die Dinge selbst beunruhigen uns, sondern die Meinungen, die wir von ihnen haben.“

Diese Haltung hilft, Leid nicht als ungerechte Strafe, sondern als Teil eines größeren kosmischen Plans zu betrachten.

 

 


    2. Der Existenzialismus – Schicksal als Herausforderung zur Sinngebung

 

 

 

Existenzialistische Philosophen wie Jean-Paul Sartre, Albert Camus und Viktor Frankl betrachten das Leben als grundlegend absurd, weil es keinen vorgegebenen Sinn gibt. Dennoch betonen sie:

  • Die Freiheit zur Sinngebung: Ein schweres Schicksal zwingt den Menschen, aktiv einen Sinn in seinem Leben zu finden, da kein äußerer Plan existiert. Camus beschreibt diese Haltung mit der Metapher des Sisyphos: Obwohl Sisyphos einen Stein ewig einen Berg hinaufrollen muss, schafft er durch seine bewusste Akzeptanz einen persönlichen Triumph.
  • Viktor Frankls Logotherapie: Frankl, der das Grauen der Konzentrationslager überlebte, argumentiert in „Trotzdem Ja zum Leben sagen“, dass selbst im tiefsten Leid ein persönlicher Sinn gefunden werden kann. Das Leiden wird erträglich, wenn es in einen größeren Kontext gestellt wird, etwa das Streben nach Liebe, Glaube oder Hoffnung.

 


 

 

2. Religiöse Perspektive

  • Christentum: Leid wird oft als Prüfung oder Teil eines größeren göttlichen Plans betrachtet. Es wird auch mit der Nachfolge Christi verknüpft, der selbst gelitten hat. Leid kann eine Möglichkeit zur Reinigung und spirituellen Reifung sein.
  • Buddhismus: Im Buddhismus wird Leid (Dukkha) als eine grundlegende Realität des Lebens angesehen. Die Ursachen für Leid liegen in Anhaftung und Unwissenheit. Der Achtfache Pfad zeigt, wie man Leiden überwinden und Erleuchtung erreichen kann.
  • Hinduismus: Die Lehre vom Karma spielt hier eine zentrale Rolle. Ein schweres Schicksal könnte das Resultat von Handlungen aus früheren Leben sein. Es wird auch als Chance gesehen, durch das Durchleben von Leiden spirituelles Wachstum zu erfahren.
  • Islam: Hier wird das Konzept der Prüfung durch Allah hervorgehoben. Schweres Schicksal wird als Möglichkeit betrachtet, Geduld (Sabr) und Gottvertrauen (Tawakkul) zu zeigen.

 

 

3. Psychologische Perspektive

 

  • Resilienz und Wachstum: Psychologen betonen, dass Menschen durch schwierige Erfahrungen oft stärker werden. Das Konzept des „posttraumatischen Wachstums“ beschreibt, wie Menschen nach traumatischen Ereignissen ein tieferes Lebensverständnis entwickeln können.
  • Trauma und Coping: Schwierige Schicksale können auch tiefe Traumata hinterlassen. Die Verarbeitung solcher Erlebnisse ist individuell und erfordert oft therapeutische Unterstützung.
  • Systemische Perspektive: Manchmal wird das Leid eines Menschen durch familiäre oder gesellschaftliche Dynamiken beeinflusst. Diese Perspektive hilft, das persönliche Schicksal im Kontext eines größeren Systems zu betrachten.

 

 

4. Spirituelle und karmische Perspektive

 

  • Viele spirituelle Traditionen sehen ein schweres Schicksal als Teil einer Seelenaufgabe. Es wird angenommen, dass die Seele solche Erfahrungen auswählt, um bestimmte Lektionen zu lernen oder anderen zu dienen.
  • Die karmische Perspektive legt nahe, dass es keine „Zufälle“ gibt. Alles, was geschieht, hat eine Ursache und trägt zur Balance des Lebens bei.

 

 

5. Soziologische Perspektive

 

  • Strukturelle Ungerechtigkeit: Viele Schicksale werden durch soziale, wirtschaftliche oder politische Ungleichheiten geprägt. Menschen in benachteiligten Positionen erleben oft mehr Leid, nicht wegen persönlicher Schuld, sondern wegen systemischer Probleme.
  • Kulturelle Narrative: Unterschiedliche Kulturen interpretieren das Schicksal und den Umgang mit Leid unterschiedlich. Während in westlichen Gesellschaften individuelle Kontrolle über das Leben betont wird, sehen andere Kulturen Leid oft als kollektive Erfahrung oder als etwas, das akzeptiert werden muss.

 

 

6. Naturwissenschaftliche Perspektive

 

  • Biologische und genetische Faktoren können zu schweren Lebensumständen führen, etwa durch Erbkrankheiten oder psychische Störungen.
  • Umweltfaktoren wie Armut, Gewalt oder Naturkatastrophen tragen dazu bei, dass manche Menschen größere Herausforderungen erleben als andere.

 

 

7. Eigene Lebensgeschichten

 

  • Es hilft, konkrete Geschichten von Menschen mit schwerem Schicksal zu betrachten. Viele haben trotz oder gerade wegen ihres Leidens außergewöhnliche Stärke, Weisheit oder Mitgefühl entwickelt. Beispiele könnten Persönlichkeiten wie Viktor Frankl (Holocaust-Überlebender und Begründer der Logotherapie) oder Malala Yousafzai sein.

 

 

8. Der Sinn von Leid – Eine Synthese

 

Am Ende lässt sich sagen, dass die Frage nach dem „Warum“ vielleicht nicht immer eine endgültige Antwort hat. Vielmehr geht es darum, wie Menschen mit ihrem Schicksal umgehen, welche Bedeutung sie darin finden und wie sie daran wachsen können. Schwere Schicksale zeigen oft die erstaunliche Resilienz und das Potenzial der menschlichen Seele.

 

So viele Betrachtungsweisen- so viele Ansätze……aber hat es mir oder den Betroffenen weitergeholfen? ich glaube, dass jeder einzelne auf seine Art und Weise lernt damit umzugehen. Selbst dann, wenn es unmöglich scheint.

 

 

Ich wünsche allen , besonders denen, die ein schweres Schicksal zu tragen haben, eine gute Zeit.

Eure Petra Reibenwein

Eine Antwort

  1. Liebe Petra

    Ich arbeite seit 2000 an meiner Geschichte und an der Familiengeschichte und bin immer noch dran .
    Anfang November hatte ich ein Aurareading bei der Manou Pusker und da kam dann nochmal sehr viel zum Vorschein…..
    Insgesamt habe ich sehr viel aus den Aufarbeitungen gelernt und schaue mit anderen Augen auf die Welt .
    Ich kann da deine Ausführungen nur bestätigen.

    Jetzt am Wochenende werde ich das erste mal bei einer Schwitzhütte mitmachen .

    Melde mich anders mal wieder

    Liebe Grüße, Utec

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